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„Engagement gehört zu christlicher Identität“: Gelungener Auftakt der Ringvoresung ‚Zufluchtsort Deutschland. Interreligiöse Perspektiven‘

Veröffentlicht am: 16. Januar 2017

Benediktbeuern, 16.1.2017 – Dr. Alexander Kalbarczyk, Geschäftsführer der Migrationskommission der deutschen Bischofskonferenz, eröffnete am 11. Januar die Ringvorlesung „Zufluchtsort Deutschland. Interreligiöse Perspektiven“ der Katholischen Stiftungsfachhochschule und des Klosters Benediktbeuern. In seinem Vortrag zu kirchlichen Perspektiven auf Flucht und Migration machte er deutlich, dass Engagement für Geflüchtete und Migranten integraler Bestandteil der christlichen Identität ist.

Seit 2015 bewegen die Themen Flucht und Asyl unser Land wie kaum ein anderes. In der Bevölkerung gab und gibt es ein beeindruckendes Maß an Solidarität und Hilfsbereitschaft, zunehmend aber auch Anzeichen von Überforderung und Angst. Während die einen von der Kirche ein intensives Engagement für Geflüchtete fordern, werden die Rufe anderer laut, sie solle sich mehr um die einheimische Bevölkerung und ihre Nöte kümmern. Das Spannungsfeld für das Engagement der Kirchen für Geflüchtete und Migranten ist also groß.

Fürsorge für Geflüchtete und Migranten als ethisches christliches Grundprinzip

Hier bot Alexander Kalbarczyk in seinem Vortrag einen Deutungsbogen von den Grundlagen der christlichen Sozialethik im Alten Testament bis zu den „Leitsätzen des kirchlichen Engagements für Flüchtlinge“ der Deutschen Bischofskonferenz von 2016. Der Wille und die Kraft zum Einsatz für Menschen auf Flucht und in Migration sind tief in der christlichen Religion und ihrer Geschichte verwurzelt, führte Kalbarcyk aus. „Die Fürsorge für Flüchtlinge ist Teil der christlichen Identität“, hob er gleich zu Anfang seines Vortrages hervor. Bereits die Texte des Alten und Neuen Testaments belegen eine ethische Grundsensibilität für Heimatlose, Flüchtlinge und Vertriebene mit Schilderungen von christlich-jüdischen Fluchterfahrungen, aber auch von Schutz und Zuflucht. Aus den Erfahrungen von Flucht, Unrecht und Religionsunfreiheit entstand das christliche Gebot, Fremde zu schützen, das in der heutigen Zeit noch gelte und aktuell Wirkung zeige.

Christliches Gegenprogramm zu Gleichgültigkeit und Angst

Angesichts der großen Not der Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa prangerte Papst Franziskus bereits 2013 die Gleichgültigkeit der Weltgemeinschaft an. Als eine erlebbare und greifbare Antwort darauf beschrieb Kalbarczyk das große Engagement in der Gesellschaft für Geflüchtete – und er nannte konkrete Zahlen: Mehr als 200 000 evangelische und katholische Christen waren 2016 in der Flüchtlingshilfe aktiv als ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Dieses Engagement ist für Kirche und Gesellschaft von unschätzbarem Wert, so Kalbarczyk. Und „es gibt ganzen Kirchengemeinden neue Bedeutung, wenn sie entdecken, dass sie im Stadtteil oder in der Region zu zentralen Ansprechpartnern beim Thema Flucht werden“, beschrieb er.

Unterstützung für Ehrenamtliche

Zugleich wird an vielen Stellen deutlich, dass Ehrenamtliche durch dauerhaftes und intensives Engagement drohen, in eine Überforderung kommen. Hier, so führte er aus, ist die Kirche aufgefordert, in Hauptamtliche investieren, um Ehrenamtliche zu entlasten und zu unterstützen. Entsprechend ist auch die Zahl der hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche in den letzten Jahren gestiegen, aktuell sind mehr als 5.900 im Bereich Flucht und Asyl beschäftigt. Im September 2015 ernannte die Deutsche Bischofskonferenz den Erzbischof von Hamburg, Dr. Stefan Heße, zum Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen. Zu seinem interdisziplinären Arbeitsstab gehört auch Pater Joseph Grünner SDB, Provinzial der Deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos. Zur Stärkung des bereits bestehenden Engagements in den Gemeinden gab die Deutsche Bischofskonferenz im Frühjahr 2016 „Leitsätze für die Flüchtlingsarbeit“ heraus, die Kalbarczyk in ihren Grundzügen skizzierte.

Kirche als lebendiger Diskursraum

Angesichts der Herausforderungen durch Zuwanderung, Flucht und Integration lautet die christliche Botschaft also „Zuversicht und Engagement anstelle von Angst und Resignation“. Wenn Kalbarcyk betont, dass Fürsorge für Flüchtlinge zum Selbstverständnis von Kirche und Christentum gehört, hat er auch noch eine Botschaft im Gepäck für jene, die ihre christliche Identität durch Flüchtlinge bedroht sehen: „Sie müssen sich fragen, ob ihre Identität als Christen nicht viel mehr dadurch bedroht wäre, wenn man diesen ethischen christlichen Prinzipien widerspricht.“ Es ist zwar eine Aufgabe von Kirche, einen Diskursraum zu bieten, in dem Ängste, kritische Fragen und auch Probleme geäußert werden dürften. Dieser Raum darf jedoch nicht für die Abwertung und Entmenschlichung von Flüchtlingen dienen.
Mit Blick auf die gesellschaftliche Aufgabe der Integration der Flüchtlinge und Migranten besetzt die Kirche klare Positionen und tritt aktiv für ein gelingendes Miteinander ein, so Kalbarcyk. Gleichzeitig dürfe nicht der Eindruck entstehen, sie konzentriere sich einseitig auf den Bereich der Flüchtlingshilfe. Vielmehr stehe sie in einer doppelten Verantwortung: entschieden für Schutzbedürftige auf der Flucht einzustehen, und gleichzeitig das Wohl der gesamten Gesellschaft im Blick zu haben, und das Engagement für die Menschen, die an die Ränder der Gesellschaft gedrängt sind, mit unverminderter Energie fortzusetzen.

Hochschule und Kloster in der Verantwortung für die Region

In ihren Dankesreden an Alexander Kalbarczyk betonten die Dekanin der Katholischen Stiftungsfachhochschule in Benediktbeuern, Prof. Dr. Annette Eberle, und Pater Gesing SDB, Direktor des Klosters Benediktbeuern, die Notwendigkeit, Flucht und Vertreibung aus Sicht von Kirche und Wissenschaft zu reflektieren. Mit der fünfteiligen Ringvorlesung möchten Hochschule und Kloster 2017 in der Region Impulse zur interreligiösen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Reflexion bieten. Der nächste Termin der Ringvorlesung steht bereits: Am Mittwoch, den 8. März 2017, wird Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing sprechen über: „Zwischen Integrationsgesetz und Fremdenhass – die Bedeutung politischer Bildung für die Einwanderungsgesellschaft“. Der Eintritt ist frei, die Veranstaltung beginnt um 19.00 Uhr im Audimax der Hochschule.

Katholische Stiftungsfachhochschule München (KSFH), Abteilung Benediktbeuern