Jugendliche erzählen, wie Corona ihren Alltag verändert hat

Die Pandemie hat auf sehr vielfältige Weise das Leben junger Menschen verändert. Während einige von den Einschränkungen nicht so viel merken, empfinden andere wiederum die Situation als einen riesigen Einschnitt in ihr Leben. Gerade die Kinder und Jugendlichen in unseren Don-Bosco-Einrichtungen leiden erheblich an den Ausgangsbeschränkungen.

Vor allem die Freizeit kommt zu kurz

Trotz Maskenpflicht und Ausgangsbeschränkungen: Bei einigen Jugendlichen, die unsere Don-Bosco-Einrichtungen besuchen, läuft zumindest der Berufsalltag relativ normal weiter. Für Anna Katharina Pößl gab es gar nicht so viele Einschränkungen, wie sie sagt. Die 20-Jährige aus Chemnitz macht derzeit eine Ausbildung als Altenpflegerin und geht ganz normal zur Arbeit, erzählt sie uns.

Was jedoch zu kurz kommt, ist der Freizeitbereich. „Natürlich war es für mich am Anfang schwierig, und ist es eigentlich immer noch, dass man sich nicht so mit Freunden treffen kann oder mal einen Kaffee trinken gehen kann.“ Gewöhnungsbedürftig fand sie auch die Umstellung auf die Maskenpflicht und das Abstandhalten – etwa zu Menschen, die sie gut kennt und die ihr sehr nahestehen.

Wenn sich der Alltag wieder normalisiert, möchte Anna-Katharina auf jeden Fall wieder regelmäßig ins Don Bosco Haus Chemnitz. Für sie ist das ein Ort, der sonst fest in ihrem Wochenprogramm steht. „Ich treffe dort meine Freunde und gehe meinen Hobbies nach.“

Anna-Katharina besucht regelmäßig das Don Bosco Haus Chemnitz

„Ich denke, dass der Zusammenhalt zwischen Menschen intensiver geworden ist, was ich sehr positiv finde.“

Anna-Katharina Plößl (20) aus Chemnitz

Krise als Chance?

Die Krise hat für die junge Frau jedoch auch etwas Positives. „Ich denke, dass der Zusammenhalt zwischen Menschen intensiver geworden ist, was ich sehr positiv finde.“ Andere haben in dieser schwierigen Zeit sogar ein neues Hobby gefunden. Jean Tonat, 20 und ebenfalls aus Chemnitz, liest seitdem zum Beispiel viel mehr Bücher und probiert sich auch künstlerisch aus. In ihrer neuen Wohnung gestaltet sie derzeit mit einer Freundin zusammen eine Wand mit Disneyfiguren. „Sie schielen zwar und sind etwas dick – aber mir gefällt es, dass sie nicht so perfekt aussehen.“

Die erste Phase des Lockdowns war allerdings für die 20-Jährige eine Herausforderung. Sie hat mit ihren drei Geschwistern bei ihren Eltern gewohnt und sich mit einer Schwester das Zimmer geteilt. „Das war einfach echt stressig.“ Mit den fehlenden Freizeitaktivitäten fehlte zudem der Ausgleich. „Ich bin eigentlich ein Mensch, der jeden Tag irgendwas machen muss, damit mir nicht langweilig wird – aber das war irgendwie echt schwierig.“ Seit Januar 2021 ist Jean Tonat jedoch in eine eigene Wohnung gezogen.

Auch Philip Mrozinski kann der Krise durchaus Positives abgewinnen. „Ich habe gelernt, dass man auch mit Corona viele Dinge machen kann – zum Beispiel sich online weiterbilden oder ein neues Talent entdecken.“ Der 20-Jährige, der als Auszubildender im Salesianum München lebt, spielt in der Corona-Krise etwa regelmäßig Billard und hat gemerkt, dass er eigentlich ganz gut da drin ist.

„Ich habe gelernt, dass man auch mit Corona viele Dinge machen kann – zum Beispiel sich online weiterbilden oder ein neues Talent entdecken.“

Philip Mrozinski (20) aus München

Philip lebt im Salesianum München

Die Einschränkungen machen ihm persönlich gar nicht so viel aus. Ohnehin ist der 20-Jährige durch seine Ausbildung als Anlagenmechaniker sehr eingespannt. Allerdings nervt es ihn, dass Sport im Verein nicht möglich ist. „Man kann nicht mal einen Basketball in den Korb schmeißen, denn die Plätze sind abgesperrt.“

Den ersten Teil der Corona-Pandemie hat Philip Mrozinski noch in Amerika verbracht, da seine Familie vor Jahren dorthin ausgewandert ist. Aufgrund der Größe Amerikas habe er die Einschränkungen dort kaum wahrgenommen. „Man konnte ans Meer fahren oder wandern gehen, ohne wirklich vielen Menschen zu begegnen.

Als er für seine Ausbildung im September 2020 wieder zurück nach Deutschland kam, hat er sofort die Unterschiede gemerkt. „Hier in der Stadt kriegt man das natürlich sehr viel mit.“ Die Einschränkungen seien einfach präsent.

Schulalltag in der Pandemie

Deutlich schwieriger haben es dagegen viele Kinder, die in Heimen leben. Sandro Meisel, der im Haus Garelli des Don Bosco Jugendhilfezentrums Dominikus Savio in Pfaffendorf lebt, empfindet die Situation als sehr belastend. „Ich fand das Jahr nicht besonders schön“, gesteht der 15-Jährige. Er gehört zu den Jugendlichen, die aufgrund ihrer familiären Situation nur selten nach Hause fahren. Aufgrund der Beschränkungen durfte er sich zudem zeitweise nur auf dem Heimgelände aufhalten, auch die Ferienfreizeiten fanden nicht statt.

Sandro Meisel lebt in einer Wohngruppe im Don Bosco Jugendhilfezentrum Pfaffendorf

„Jetzt, da ich nicht mal mehr heimfahren kann, habe ich mich mehr und mehr zurückgezogen.“

Sandro Meisel (15) aus Pfaffendorf

Besonders gefreut hatte sich Sandro zum Beispiel auf die abgesagte Fahrt nach Frankreich, die im April 2020 geplant war. Auch das Zeltlager in diesem Sommer ist bereits abgesagt worden. „Mir geht auf die Nerven, dass man die ganze Zeit nur im Heim sitzt.“ Das hat auch dazu geführt, dass der 15-Jährige sich mehr und mehr zurückgezogen hat. Auch Aktivitäten, die erlaubt sind ­– etwa Radfahren und Fußball – macht er seltener, da er im Moment lieber seine Ruhe haben möchte. „Ich mache gerade sehr viel für mich selbst.“

Auch wenn die Schule vor Ort stattfindet, empfindet der 15-Jährige es als sehr anstrengend, dem Unterricht mit Maske aufmerksam zu folgen. Auch in den Pausen werde Fußball nur mit Mundschutz gespielt.

„Mein Vater wohnt bei Oma und Opa. Wenn ich ihn besuche, habe ich Angst, sie anzustecken.“

Milan Toguz (10) aus Pfaffendorf

Milan lebt in einer Wohngruppe im Don Bosco Jugendhilfezentrum Pfaffendorf

Ähnlich schwierig empfindet auch Milan Toguz den Unterrichtsalltag. Der Zehnjährige besucht die 4. Klasse und lebt ebenfalls in einer Wohngruppe im Don Bosco Jugendhilfezentrum Pfaffendorf, nämlich im Haus Giovanni. Er vermisst die sonst üblichen Aktivitäten, wie etwa der Besuch im Kino oder im Schwimmbad. Wenn er an den Wochenenden seine Familie besucht, hat er oft ein ungutes Gefühl. „Mein Vater lebt bei Oma und Opa. Ich habe Angst, sie anzustecken.“ Die täglichen Nachrichten verunsichern ihn und er versucht, sich möglichst an die Regelungen zu halten, um das Risiko, andere anzustecken, zu minimieren.

Viel Positives können Milan und Sandro der Krise nicht abgewinnen. Aber immerhin ist auf dem Heimgelände nun mehr möglich als noch zu Beginn der Pandemie. Sie sehnen jedoch die Zeit herbei, in der wieder Normalität herrscht – in der Schule wie auch in ihrer Freizeit.

Text: RefÖA/Patrizia Czajor; Fotos: Don-Bosco-Einrichtungen

 

Weitere Stimmen von Jugendlichen aus einer Wohngruppe von Don Bosco Jünkerath