Der Vergessenheit entrissen: Das Schicksal von Paul Dübe SDB

Veröffentlicht am: 4. November 2025
Sieben Männer und Frauen stehen mit Regenschirm auf einer Straße. Eine ältere Frau hält einen goldenen Stein in der Hand.

Stolpersteinverlegung in der Wolbecker Straße 103, Münster: Vorne im Bild Paul Dübes Nichte Helma Dübe mit dem Stolperstein in der Hand, dahinter (v. l.) ihr Sohn und ihre Tochter, Matthias Zell (Uni Trier), Paul Schilling (Spuren finden e.V., Münster), P. Reinhard Gesing, Pfr. Hans-Rudolf Gehrmann (Pfarrer, St. Mauritz, Münster).



 

Münster – Am 4. Oktober 2025 gab es in Münster eine besondere Gedenkfeier: Die Verlegung eines Stolpersteins für den ehemaligen Salesianer Paul Dübe (1905-1943).

Die Feier ging auf die Initiative des Trierer Geschichtsstudenten Matthias Zell zurück, der an einem historischen Seminar an der Uni Trier zu den nationalsozialistischen Patientenmorden in Hadamar teilgenommen hatte. Dabei hatte er die Aufgabe bekommen, die Geschichte von Paul Dübe zu rekonstruieren. 

Rekonstruktion des tragischen Schicksals von Paul Dübe SDB

Bei seinen Recherchen entdeckte der Student in dessen noch vorhandener Patientenakte, dass Paul Dübe von 1925 bis 1927 in Ensdorf Aspirant war, dann dort 1927/28 das Noviziat absolvierte und am 08.12.1928 in Ensdorf die dreijährige Profess ablegte. 

Schon sehr bald erkrankte er jedoch psychisch, musste sich im Frühjahr 1929 vom Helenenberg aus einer Behandlung im Brüderkrankenhaus in Trier unterziehen. Anschließend kehrte er zu seiner Familie nach Münster zurück. Seine Krankheit schritt auch dort fort, so dass er in die Heilanstalt nach Marienthal in Münster kam, wo er schließlich auch zwangssterilisiert wurde, bis er 1943 in die „Heil- und Pflegeanstalt“ in Hadamar verschleppt wurde und dort wie unzählige andere psychische kranke und geistig behinderte Menschen der NS-Euthanasie zum Opfer fiel. Ein schlimmes Schicksal wie leider unzählige andere!

Lebende Angehörige von Paul Dübe melden sich

Auf die Anregung des Studenten Matthias Zell hin hat der Münsteraner Verein „Spuren finden“ organisiert, dass in der Wolbecker Straße 103, wo früher einmal das Wohnhaus der Familie Dübe gestanden hatte, ein Stolperstein verlegt wird. Ich habe dafür die Patenschaft übernommen; denn zur damaligen Zeit wusste man noch nicht, dass es doch noch Angehörige gibt. 

Auf einen Zeitungsartikel hin haben sich dann die letzte noch lebende Nichte und deren Tochter gemeldet, die einiges bisher Unbekanntes über ihren Onkel und seine Leidensgeschichte zu berichten wussten. Von dem plötzlichen Interesse am Schicksal ihres Onkels waren sie überrascht und sehr bewegt.

Würdevolle Gedenkfeier

Die Gedenkfeier begann mit der Feier einer feierlich gestalteten Gedenkmesse in der Herz-Jesu-Kirche in der Wolbecker Straße 123, der Tauf- und Pfarrkirche von Paul Dübe. Ich durfte ihr vorstehen und wurde gebeten, die Predigt zu halten. 

In der Ansprache war es mir wichtig, dass nach der biblisch-christlichen Tradition jeder Mensch von Gott beim Namen gerufen ist und dass der Name eines jeden Menschen ins Buch des Lebens eingetragen ist. Darum auch hat jeder Mensch vor Gott seine Würde, die selbst durch die schlimmsten Demütigungen und Misshandlungen, wie sie Paul Dübe hat erleiden müssen, nicht ausgelöscht werden kann.

Im Anschluss an die Messe legte Matthias Zell die Lebensgeschichte Paul Dübes (1905–1943) dar und konnte dabei viele interessante Informationen und Bezüge vermitteln. Besonders erschütternd waren die Details, die er über das zynische Vorgehen von NS-Ärzten und NS-Gerichten darstellte, wenn es darum ging, die Patienten, die nicht mehr über sich und ihr Leben entscheiden konnten, zu entwürdigen.

Ein goldener Stein mit Inschrift ist in einer Straße eingepasst worden. Darüber liegt eine rote Rose.

Der Stolperstein zum Gedenken an Paul Dübe.

Stolpersteinverlegung holt Geschichte aus der Vergessenheit

Im Anschluss an den Vortrag erfolgte die Verlegung des Stolpersteins. Ein Mann mittleren Alters, der dabei stand, sagte mir tief bewegt: „Ich habe meine Kindheit und Jugend in diesem Haus verbracht. Doch nie hat jemand von diesem Schicksal erzählt.“ Paul Dübes Namen und Geschichte wurde mit der Stolpersteinverlegung nun aus der Vergessenheit herausgeholt. Ihm wurde ein Stück Würde zurückgegeben.

Außer mir nahmen P. Hatto von Hatzfeld und P. Johannes Wielgoß (Essen) an der Gedenkfeier teil, darüber hinaus ca. 50 Personen aus der Pfarrei und der Stadt Münster, viele ältere, aber auch jüngere Menschen. 

Auch die Nichte von Paul Dübe war mit ihren Kindern und Enkeln gekommen und war sehr bewegt darüber, dass ihrem Onkel nach so langer Zeit posthum die Anerkennung geschenkt wurde, die er in seinem Leben so schmerzlich hat vermissen müssen.

 

Der WDR hat in seiner Sendung Lokalzeit Münsterland einen Bericht über die Stolpersteinverlegung  ausgestrahlt: 

Stolperstein für Münsteraner Paul Dübe (Lokalzeit, WDR)

Text: P. Reinhard Gesing; Fotos: Matthias Zell